top of page

MG3 und Cyberster – Was MG richtig macht

Aktualisiert: 3. März



Jaguar hat das Konzept für die neue Marke präsentiert. Nach den zuletzt minimalen Verkaufszahlen hatte man eigentlich nichts mehr zu verlieren und hat trotzdem verloren. Die Reaktionen auf den Type 00 waren wie zu erwarten: vernichtend.

 

An dieser Stelle ein Einschub: Ja, wir halten den neuen Auftritt im Stil einer Lipgloss-Marke für fünfzehnjährige Mädchen auch für Nonsens. Und den Type 00 für maximal einfallslos. Aber die absolute Mehrheit der «ich würde mir nie so ein Auto kaufen»-Kommentatoren hätten sich sowieso nie einen Jaguar gekauft, egal was die Briten abgeliefert hätten.

 

Dass dem so ist, haben die Verkaufszahlen der letzten Jahre gezeigt – obwohl die Produkte so schlecht nicht waren. Die alten Kunden zurückgewinnen, die noch am E-Type hängen – einem Auto, das vor über 60 Jahren auf den Markt gekommen ist –, wäre schwierig gewesen. Und auch ziemlich kurzsichtig, denn wer sich noch an den Launch des E-Type erinnert, ist heute locker 70 Lenze alt, kauft wohl noch ein- bis zweimal in seinem Leben einen Neuwagen. Darauf kann man kein Geschäftsmodell ausrichten, das weiss man auch bei Jaguar. Und spricht deshalb von mindestens 80 Prozent Neukunden. Und deren Aufmerksamkeit hat man schon mal, wenn jetzt ein richtiger Banger kommt, ist eh alles vergessen. Ob das funktioniert? Man wird es sehen.

 

Wie sich eine Traditionsmarke neu erfinden kann, wenn sie es richtig macht, zeigt: MG. Ja, die Ausgangslagen, Strategien und Zielgruppen sind komplett anders. Dass der Designer des Type 00 auch den MG F entworfen hat, Zufall. Mit ZS, HS und Marvel R hat man durchschnittliche SUV in einem Segment, in dem es bereits mehr als genügend durchschnittliche Autos gibt. Aber dann ist noch der MG4, der bei seinem Erscheinen vor zwei Jahren das Glück hatte, in direkte Konkurrenz zur Kompakt-Konkurrenz aus Wolfsburg zu treten. Und diese um Längen zu schlagen.

 

MG3 Hybrid – sehr vernünftig

Jetzt kommen noch einmal zwei Modelle, die sehr vieles richtig machen. Da wäre einmal der MG3 Hybrid, ein unspektakulärer Kompaktwagen im B-Segment. Basispreis: Unter 20’000 Franken. Ok, das ist dann wirklich Basis. Stahlfelgen, Motorstart mit Zündschlüssel, und so weiter. Sie verstehen. Immerhin ACC gibt es und den, gesetzlich ja sowieso vorgeschriebenen Spurhalteassistenten. Es lohnt sich aber halt auch gar nicht, die Basis zu nehmen, denn die Vollausstattung kostet auch bloss 22’990 Franken. Dafür gibt es dann Alufelgen, Totwinkelwarner, LED-Scheinwerfer, 360-Grad-Kamera, Sitz- und Lenkradheizung, Kunstledersitze und noch einiges mehr. Und: immer noch viel Hartplastik, der nicht gerade schön ist, aber halt dem Preis entsprechend.



Bloss eine Motorisierung wird angeboten: Ein Hybridantrieb mit 194 PS. Hundertvierundneunzig Pferde. In einem banalen Kleinwagen ab 19’490 Franken. Einfach so zum Vergleich: Ein Polo GTI hat 207 PS, kostet aber mindestens das Doppelte. Zugegeben, wirklich sportlich fühlen sich die 194 PS nicht an, dafür sind die Federn zu weich, ist zu viel Nachschwingen in den Dämpfern, die Lenkung zu unpräzise. Typisch Kleinwagen eben. Ist das ein Problem? Wohl kaum. Die Schnittmenge an Autofahrern, die sich einen günstigen Kompaktwagen kaufen und jenen, die auf Präzision der Lenkung achten, ist erfahrungsgemäss: sehr klein.


Da dürfte eher auffallen, dass der Antrieb etwas träge anspricht und die Übergänge von Verbrenner mit 102 PS und E-Motor mit 136 PS etwas ruppig daherkommen. Dafür fällt der Verbrauch fällt genau so aus, wie ihn preissensible Kunden haben wollen, nämlich: tief. 4.4 l/100 km verspricht MG. Kein Problem das zu erreichen, sagen wir nach einer ersten Testfahrt.

 

MG Cyberster – 510 PS für lau

Und dann ist da noch der Cyberster. Dass er kommen soll, weiss man nun schon ein paar Jahre, 2021 hat MG das Konzept vorgestellt und in Rekordzeit in China auf den Markt gebracht. Ein vollelektrisches Cabrio – eine Nische, die kleiner nicht sein könnte. Aber MG besetzt sie. Und wie. Auch hier wieder entscheidend ist: Der Preis. Und vor allem die Abstufung der Preise. Für 63’990 Franken gibt es den Hecktriebler mit 340 PS und für bloss 4000 Franken mehr dann die volle Ladung. Allradantrieb, 510 PS, 725 Nm, 3.2 Sekunden von 0 auf 100.



Die Lambo-Doors sind ein cooles Feature, wieso sie elektrisch sein müssen, darf man sich wundern. Wir verstehen den Sinn von elektrisch aufschwingenden Türen schon bei Luxuslimousinen nicht – bei einem Sportwagen erst recht nicht. Auch bei den Displays wäre etwas weniger deutlich mehr gewesen. Drei davon befinden sich vor dem Fahrer, ein viertes in der Mittelkonsole, die ganze Bedien(-un-)logik ist schwer zu durchschauen. Etwas weniger Digitalisierung und Elektronik hätte ausgereicht und wäre den Konzept des Sportwagens besser gerecht geworden.

 

Sportwagen auf Plattform des MG4

Und natürlich auch etwas weniger Gewicht. Zwei Tonnen wiegt der Roadster, die müssen durch die Bögen gewürgt werden. Am Kurveneingang kann das schon mal ungemütlich werden, zumal sich das Bremspedal viel zu weich anfühlt, der Pedalweg zu lang ist bis die Brembos kräftig beissen. Spätestens am Scheitelpunkt ist das aber alles vergessen, die hecklastige Auslegung des Antriebs drückt den Allerwertesten mutig in Richtung Kurvenausgang.

 

Das Ganze ist umso eindrücklicher weil das Auto auf der SAIC Modular-Scalable-Platform basiert, wie etwa auch ein MG 4. Das merkt man dann vor allem auch an der Sitzposition. Wegen der 74.4-kWh-Batterie im Unterboden sitzt man zu weit über dem Boden, zu hoch im Auto. Fahrer über 1.80 m spüren den Wind in den Haaren, haben den Frontscheibenrahmen im Sichtfeld.

 

Auch potentielle Qualitätsprobleme befürchten wir noch, die bei der Lackierung offensichtlich werden: Kotflügel, Frontschürze und Motorhaube glänzen in unterschiedlichen Rottönen. Aber wer hinter dem Lenkrad sitzt, sieht das glücklicherweise nicht. Wenn ein 500-PS-Cabrio unter 70’000 Franken kostet, müssen an gewissen Punkten Abstriche gemacht werden. Beim Fahrspass wird dafür nicht gespart.

 

The Car of the Year 2025

Sowohl der MG 3 als auch der Cyberster waren auf der Long List für «Car of the Year 2025», unter die Finalisten geschafft haben es beide nicht.


Text: Ramon Egger

Bilder: MG Motors Switzerland / Kim Hüppin

Comentarios


© 2025 Vollgas Media GmbH

bottom of page