Cupra Terramar – Der Beste aus dem Baukasten?
- Ramon Egger
- 20. Jan.
- 4 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 31. März

Während Seat klinisch tot ist, wird Cupra weiter aufgebaut. Der Formentor hat ein Facelift erhalten, der Tavascan wurde lanciert und bald kommt auch der kleine Raval. Deutlich bevor VW seinen kleinen Stromer, den ID.2 bringen wird. Und mit dem Terramar gibt es jetzt auch noch einen neuen Verbrenner. Als Abschied sozusagen, denn nach ihm soll Schluss sein, dann wird Cupra zur reinen Elektromarke.
Ob das clever ist, darf man sich fragen, schliesslich verkauft man noch deutlich mehr Verbrenner als Stromer. Aber ob die Pläne denn wirklich definitiv sind, ist auch alles andere als sicher. Der Drang zur Verbannung des Verbrenners ist in der Industrie ja gerade etwas abgeflacht, nachdem die Verkaufszahlen alles andere als berauschend sind.
Noch 10 Jahre
Da hatte man sich von politischer Seite etwas mehr Druck auf die Kunden erhofft anstatt nur ein Verbot ab 2035. Wir erinnern gerne an die Worte von Thomas Schäfer, der noch vor wenigen Jahren von der Politik «Technologieklarheit» gefordert hatte, also eine Vorgabe, in welche Richtung man entwickeln kann. Das hat man jetzt, mit dem faktischen Verbrenner-Verbot ab 2035. Aber weil man in den nächsten zehn Jahren auch noch Autos verkaufen muss, um überhaupt bis dahin zu kommen, braucht es eben auch den Verbrennungsmotor noch und der muss auch noch weiterentwickelt werden – Stichwort: Euro 7.
Da braucht es eben auch noch Modelle wie den Terramar, dessen Auswahl an Motorisierungen man durchaus als umfangreich bezeichnen darf. Oder auch: unübersichtlich. Die Basismotorisierung bildet ein zahmer 1.5-Liter-Mildhybrid mit 150 PS, darüber gibt es einen 2-Liter-Benziner mit 204 PS und einen VZ mit 265 PS. Dazu einen Plug-in-Hybrid mit 204 PS und einen mit 272 PS – der zwar mehr Leistung hat als der VZ, aber deutlich langsamer vorwärts kommt.
Die Hybride kennt man bereits aus dem Konzern, dank 20-kWh-Batterie sind theoretisch rund 100 Kilometer rein elektrisches Fahren drin, auch Gleichstrom-Laden geht mit bis zu 50 kW, so dass der Verbrennungsmotor tatsächlich zum sekundären Antrieb verkommen kann. Ausgiebig gefahren sind wir aber den VZ mit 265 PS und Allradantrieb – bis vor Kurzem noch die Topmotorisierung. Da ist alles wie gehabt, man kennt den Antrieb ja. Fahrleistung: ganz ok, Emotionen: naja. Inzwischen hat Cupra für den Schweizer Markt übrigens still und heimlich noch eine limitierte Version mit 325 PS nachgeschoben.
Der Beste aus dem Baukasten
Der Terramar beweist, was Cupra schon immer gut konnte: Das Beste aus dem Konzern-Baukasten zu machen. Das hatte man schon mit dem Erstling Formentor bewiesen, der die interne Konkurrenz aus Wolfsburg in Sachen Fahrdynamik um Längen geschlagen hat, und dem Audi als einziges Modell einer Konzernmarke auch noch den grossartigen Fünfzylinder zur Verfügung gestellt hat.
Natürlich, an den kommt ein Terramar nicht ran, der bleibt ein Familien-SUV, auch wenn man ihn nach der historischen Rennstrecke von Sitges-Terramar nahe Barcelona benannt hat. Aber er bietet auch genügend sportlichen Charakter, damit es im Alltag nicht langweilig wird. Das Fahrwerk ist sportlich abgestimmt, ohne übertrieben hart zu wirken, die adaptiven Dämpfer leisten hier gute Arbeit. Klar, die geschwindigkeitsabhängige Lenkung dürfte noch präziser sein, dürfte mehr Gefühl für die Strasse bieten und: vor allem noch eine grössere Spreizung zwischen den verschiedenen Fahrmodi aufweisen. Bloss weil eine Lenkung weniger leichtgängig ist, wird sie dadurch noch lange nicht besser.
Dass die piepsende Tempowarnung und ein ständig eingreifender Spurassistent bei vielen Kunden eher nicht auf Gegenliebe stösst, hat man bei Cupra rasch gemerkt. Beide Systeme lassen sich jetzt über eine Taste am Lenkrad ganz einfach ausschalten.
Ansonsten sind es die üblichen Kritikpunkte. Das Motorengeräusch aus den Lautsprechern, das so offensichtlich künstlich klingt, dass man es am liebsten einfach ganz ausschaltet. Die immer noch katastrophalen Touch-Slider für die Klimabedienung. Und neuerdings: Die unergonomischen Türgriffe. Immerhin hat man beim Terramar auf die völlig unnötige «Wirbelsäule» im Innenraum verzichtet, zugunsten einer klassischen Mittelkonsole, die deutlich mehr Nutzwert bietet.
Man kann jetzt auch Licht
Sowieso definiert sich Cupra ja zu einem massgeblichen Teil über das Design, da gefällt auch der Terramar mit der markanten «Shark Nose», den Kupfer-Elementen und den hübschen, lasergeschnittenen und hinterleuchteten Bezüge der Türverkleidungen aus Recycling-Kunststoff. Neuerdings kann man bei Cupra auch Licht: Die Matrix-Scheinwerfer projizieren beim Ausschalten den Schriftzug an die Wand und während der Fahrt die anhand des Lenkeinschlages antizipierte Fahrtrichtung auf den Asphalt. Nettes Feature, aber wer Lichtleitlinien sehen muss, um zu wissen, wohin sich sein Auto bewegt, sollte vielleicht besser nicht mehr am Steuer sitzen… aber egal.
Der Terramar soll übrigens nicht explizit der Nachfolger des Ateca sein, der wird noch mindestens bis Ende Jahr weitergebaut. Viel mehr soll er eine weitere Ergänzung im Segment der oberen Kompakt-SUV sein. Natürlich, da gibt es auch noch den Formentor, aber: Man kann nie genügend Kompakt-SUV im Angebot haben, man kennt das von VW. Mit einer Länge von 4.52 Metern misst der Terramar 7 cm mehr als der Formentor und 15 cm mehr als der Ateca. Praktisch ist die variable Rückbank, die dreigeteilt umklappbar, in Längsrichtung verschiebbar und in der Neigung verstellbar ist. Der Alltagsnutzen ist hoch, dank 540 Litern Kofferraumvolumen und einer 220-Volt-Steckdose.
Und dann ist da noch der Preis. Günstig war Cupra noch nie, die Basismotorisierung startet bei 45’950 Franken, unser Testwagen kostet stolze 71’403 Franken. Aber: Ein VW Tiguan kostet auch nicht weniger und bietet nicht wirklich mehr. Nicht mehr Platz und definitiv nicht mehr Fahrspass.
The Car of the Year 2025
Der Cupra Terramar war einer von sieben Finalisten für «The Car of the Year 2025». Gereicht hat es am Ende nur für den sechsten Platz. Bei uns wäre er zuoberst auf dem Treppchen gestanden, einfach weil er ein gutes Gesamtpaket bietet. Weil die Antriebspalette, das Fahrwerk, das Design und das Platzangebot stimmig sind. Gewonnen haben am Ende die Stromer und die günstigeren Modelle. Angesichts von weniger als 20 Prozent Anteil der Elektroautos bei den Neuwagen erschien es uns aber opportun, keinen Stromer zu wählen. Und was den Preis angeht: Durchschnittlich geben Schweizer über 60'000 Franken für einen Neuwagen aus. Da fällt auch ein Terramar nicht aus dem Rahmen.
Mehr zu COTY 2025 gibt es: hier.
Text: Ramon Egger Bilder: Kim Hüppin
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