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Vanden Plas Princess 4 Litre R – Unbekannte Prinzessin


Vanden Plas Princess 4 Litre R

Wir wollen diese Geschichte genauso beginnen, wie sie für uns begonnen hat. Der 21-jährige Marlon Batista hatte uns angeschrieben. Er fahre einen inzwischen 60-jährigen Vanden Plas Princess 4 Litre R. Und er fände es schade, dass das Auto kaum mediale Aufmerksamkeit erhalte. Klassische britische Luxusfahrzeuge? Klar: Jaguar, Bentley, Rolls Royce. Aber Vanden Plas? Da muss man schon weiter suchen, um Geschichten zu finden. 


Die Geschichte von Vanden Plas beginnt eigentlich bereits Ende des 19. Jahrhunderts in Belgien. Dort baute «Van Den Plas» nämlich Kutschen. Und das ziemlich erfolgreich, was man bald auch in Grossbritannien bemerkte, so dass die Belgier dort im Jahr 1913 eine Zweigstelle eröffneten. Bald waren es nicht mehr Kutschen, sondern Karosserien, die gebaut wurden. Als Austin nach dem zweiten Weltkrieg Krieg auf der Suche war nach einem Hersteller für ein neues Oberklassemodell, fiel die Wahl auf Vanden Plas. Ab 1947 baute man so den Austin A135 Princess. Mit dem Zusammenschluss von Austin mit der Morris Motor Company zur British Motor Corporation wurde Vanden Plas zur eigenen Marke aufgebaut, stand ab 1960 an der hierarchischen Spitze des Konzerns. 


Motor von Rolls-Royce

Vanden Plas stand nun für exklusive Innenausstattung, feines Leder, edle Hölzer und elegante Zurückhaltung. Mit grossem Aufwand – aber mässigem Erfolg – versuchte man, den britischen Oberklasse-Sitl in die Grossserie zu überführen. Höhepunkt dieser Strategie stellte der Princess 4 Litre R dar. Technisch basierte dieser auf dem Princess 3 Litre, allerdings mit einer abgeänderten Karosserie. Und einem 3.9-Liter-Reihensechszylinder, den die British Motor Corporation von Rolls-Royce lizenzierte. 



Der Sechszylinder basierte auf dem B60-Motor, den Rolls-Royce bereits bei verschiedenen Militärfahrzeugen im Einsatz hatte. Im Unterschied zu diesem waren bei der zivilen Variante allerdings Motorblock und Zylinderkopf nicht mehr aus Grauguss, sondern aus Aluminium hergestellt, die Kurbelwelle erhielt neu sieben, statt wie bisher bloss fünf Lager. 177 PS bei 4800 Umdrehungen leistet der Motor – mit einem Leergewicht von gut 1.5 Tonnen ergibt das für damalige Verhältnisse ein ausgezeichnetes Leistungsgewicht. 


Absatz deutlich unter den Erwartungen

Der Antrieb zeichnete sich vor allem durch eine einzigartige Laufruhe aus – wie sie typisch war für Rolls-Royce. Es ist auch einer der Punkte, der Marlon Batista besonders fasziniert an dem Modell: «Da kannst du einen Fünfliber drauflegen, der fällt nicht runter.» Es war ein gewagtes Konzept: Ein edles Interieur auf einer Basis von Austin mit einem Motor von Rolls-Royce. Und eine Preispositionierung knapp unterhalb eines Jaguar Mark X. Man wollte Käufer ansprechen, die einen Bentley wollten – sich aber keinen leisten konnten. Die Ausstattung war entsprechend auf gehobenem Niveau: Poliertes Walnussholz, eine 3-Gang-Automatik von Borg Warner, Klimaanlage und eine Servolenkung. 



Eigentlich hätten jährlich 12 000 Fahrzeuge die Produktionshallen in Kingsbury bei London, wo die finale Montage stattfand, verlassen sollen. Tatsächlich waren es dann deutlich weniger: Nur knapp 7000 Stück des Princess 4 Litre R hat Vanden Plas gebaut. Und das im Produktionszeitraum von 1964 bis zur Einstellung des Modells im Jahr 1968 – kurz bevor dann die British Motor Corporation von British Leyland übernommen wurde. Einen Nachfolger gab es nicht mehr, auch der Motor fand keine weitere Anwendung in anderen Modellen.


Das Ende der Marke

1968 wurde die British Motor Corporation Teil der neugegründeten British Leyland Motor Corporation. In diesem riesigen, von internen Konflikten und wirtschaftlichen Problemen geplagten, Konzern wurden Marken wie Austin, Morris, Rover, Triumph und Jaguar zusammengeführt. Die Identität von Vanden Plan als Luxusmarke stand damit zunehmend zur Disposition. Zwar wurde der Name Vanden Plas in den 1970er-Jahren weiterhin genutzt, etwa für edlere Versionen des Austin 1300 oder später des Allegro, doch es handelte sich dabei mehr um kosmetische Veredelungen als um eigenständige Modelle.


In den 1980er- und 1990er Jahren wurde die Marke endgültig stillgelegt. Das letzte Fahrzeug, das offiziell in Grossbritannien den Namen trug, war der Rover 75 Vanden Plas als Showcar – auf den Markt kam das Modell unter diesem Namen aber nicht mehr.


Text: Ramon Egger – Bilder: Kim Hüppin



🔐 Dies ist eine gekürzte Version des Artikels aus AutoZeit 4/2025. Die ausführliche Geschichte – inklusive der Details zu Marlon Batistas Fahrzeug – gibt es im Print-Magazin oder mit einem Abonnement unter autozeit.ch/e-paper.

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